Zwei Vögel

Zwei Vögel

Es waren einmal zwei Vögel mit jeweils einem gebrochenen Flügel und einem Stein am Bein, die auf einem Baum saßen.

Tag für Tag zog der Stein sie nach unten und durch den gebrochenen Flügel hangelten sie sich Stück für Stück hinab von Ast zu Ast. Der eine Vogel hatte den linken Flügel gebrochen, der andere den Rechten. Jeder saß auf einem anderen Baum und kämpfte vergeblich darum wieder hinaufzuklettern. Aber die Last war zu schwer und zog sie immer weiter hinunter.

 

Als die Vögel weit voneinander entfernt dem Kampf den Baum zu erklimmen erlegen sind und am Fuß des Baumes angekommen waren, irrten sie umher und warteten darauf, dass ihr Flügel wieder heilte. Doch der Flügel heilte nicht.

 

Nie allein und immer in Begleitung von anderen Vögeln fanden sie sich damit ab, dass das Fliegen für sie in weite Ferne rutschte und irrten weiter durch das Land.

Eines Tages begegneten sich die Vögel mit den gebrochenen Flügeln und erzählten sich ihre Geschichte. Je mehr sie erzählten und gemeinsam durchs Land zogen, begannen die Flügel wie durch wundersame Weise langsam zu heilen.

 

Trotz des langsam heilenden Flügel war der Stein für einen allein zu schwer.

Da kamen die zwei auf die Idee, gemeinsam einen Flugversuch zu machen. Sie legten den noch angeschlagenen Flügel um den anderen und schlugen mit voller Kraft mit dem gesunden Flügel. Anfangs waren es kleine Sprünge, von denen sie langsam wieder zu Boden glitten. Doch voller Freude über diesen Erfolg übten die zwei ihre Flügelschläge zu kräftigen und im gleichen Takt zu schlagen.

Von Tag zu Tag wurden die Sprünge höher und sie konnten immer weiter durch die Luft gleiten.

Schnell war klar der Wunsch wieder auf einem Baum wohnen zu können rückt näher und es sollte nicht irgendein Baum sein, sondern ein Wunderschöner mit toller Aussicht, viel Nahrung und einem kleinen Fluss in der Nähe.

 

Der Baum war gefunden, doch die Vögel waren von der Suche und dem vielen üben so erschöpft, dass sie sich ausruhen wollten und am nächsten Tag mit neuer Kraft den Baum erklimmen.

Doch am nächsten Tag kam der zweite Vogel nicht. Auch am zweiten und dritten Tag saß der Vogel allein und traurig vor dem Baum. Am vierten Tag jedoch, schaute sich der Vogel den Baum an und sagte zu sich: “Du bist ein schöner Baum, ich weiß noch nicht, wie ich hinaufkomme, aber irgendwann werde ich auf dir wohnen“.

 

Das Ende bleibt offen und lässt nur Spekulationen zu…

 

Aber was soll uns diese kleine Geschichte sagen?

 

Wir wissen nicht, warum der zweite Vogel nicht erschienen ist.

War es die Sehnsucht nach dem Heimatbaum?

War es Angst vor dem Fliegen?

Hat er sich verlaufen?

Oder reichte vielleicht einfach nur die kleine Freude zwischendurch mal abzuheben.

 

Den Grund dafür kennen wir nicht. Doch gleich, was es nun auch war, sollten wir nicht urteilen. Wir können interpretieren, vermuten, fantasieren oder es einfach so stehen lassen.

Es sind nicht die Taten, nach denen wir urteilen sollten, sondern nach den Motiven und den Beweggründen.

 

Wir können nicht beeinflussen, wer mit uns den Baum erklimmt und wie viele es am Ende sind. Manchmal braucht es einfach etwas Zeit und Geduld, um zu erkennen, was wichtig ist oder was uns hilft. Jeder geht anders damit, um diese Erkenntnisse zu erlangen. Ob der Weg, den wir gewählt haben, richtig oder falsch war, wird sich zeigen.

 

Fehler sind jedoch menschlich und es erfordert eine Menge Mut sich Fehler einzugestehen und sich für das zu entscheiden, was einen glücklich macht. Die Zeit wird zeigen was sich ergibt aber wir müssen uns auch dafür entscheiden offen zu bleiben und uns nicht unkontrolliert von Angst, Frustration oder Beeinflussung bestimmen zu lassen.

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