Falsche Gesellschaft

Falsche Gesellschaft

Oh, du hast einen Gips am Arm, was ist passiert?“ „Ach, ich habe mir den Arm gebrochen!“

„Ohje, das ist bestimmt schmerzhaft, Gute Besserung!“

Das ist eine ganz normale Unterhaltung, wenn wir jemanden mit einem Gips am Arm sehen.
Leider ist nicht alles so offensichtlich wie ein gebrochener Arm, ein gebrochenes Bein oder eine starke Erkältung.

„Ey, was ist denn mit dir los? Warum bist du so niedergeschlagen?“ „Ach, ich befinde mich momentan in einer schweren Depression!“

„Jetzt komm schon, jeder hat mal einen schlechten Tag, morgen sieht die Welt schon wieder anders aus!“

Auch eine ganz normale Unterhaltung und das sogar noch in einer sehr netten Form.

Oftmals fallen solche Unterhaltungen im Freundes und Bekanntenkreis nicht so nett aus.

 

„Jetzt stell dich nicht so an, jeder hat schließlich sein Päckchen zu tragen!“

„Oh man, hast du schon wieder schlechte Laune? Das zieht mich so runter.“

„Was, du gehst zu einem Psychologen? Da gehen doch nur die Vollspinner hin!“

Jeder der an einer psychischen Erkrankung leidet hat sich bestimmt schon solche Kommentare anhören dürfen.

Dazu fällt mir nur eines ein,

liebe Gesellschaft, schämt euch!

Wäre es den feinen Herren und Damen der Gesellschaft lieber man würde bei Depressiven bzw. psychisch kranken Menschen den Kopf in Gips packen?
Es scheint gar so, dass eine Krankheit gesellschaftlich erst anerkannt wird, wenn diese auch sichtbar ist.

Und genau das ist der Punkt, der Erkrankte unheimlich viel Kraft kostet.

Sie müssen ihre Fassade aufrecht halten. Eine Maske, aus Angst, um nicht von der Gesellschaft verurteilt oder lächerlich gemacht zu werden.

Als betroffener ist man so damit beschäftigt diese Fassade aufrecht zu halten, dass Unmengen an Energie verschwendet wird und man nicht einmal mehr die Kraft hat sich mit den eigentlichen Problemen auseinanderzusetzen.

Dir sieht man deine Depression nicht an!

Wer viel lacht, kann schließlich nicht depressiv sein, aber genauso wenig wie jede Träne Traurigkeit bedeutet, genauso wenig bedeutet jedes Lachen Freude.

Dass man das eventuell Freunden, Familien und bekannten erklären muss wie psychisch kranke bzw. Depressive Menschen denken ist zwar oftmals sehr hart aber nachvollziehbar, es sind schließlich keine Fachkräfte.

Was mich allerdings fassungslos, wütend und traurig zugleich macht, dass diese Aussage auch von Fachleuten wie Psychologen oder Psychiatern getroffen wird und da kann ich leider nur sagen:

Setzen Note 6

Wie kann ich als Fachkraft in einem Satz alle Regeln der Sozialkommunikation missachten.

Selbst wenn diese Aussage eher als Kompliment gedacht war, macht es das nicht besser, denn man bestärkt den Patienten ja noch darin, wie großartig er seine Probleme verstecken kann.

Solch eine Aussage ist unwahrscheinlich verletzend!

Sie führt zu Selbstzweifel!

Sie zwingt einen in den Zustand der Hilflosigkeit!

Wenn man als depressiver Mensch, selbst vor einem Psychologen um seine Glaubwürdigkeit kämpfen muss, woher soll er denn die Kraft für die bevorstehende Therapie nehmen?

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